Vorstellung des Buchs von Alexander Groth durch Volker Friebel
Alexander Groth (2024): Blütenschwarz. Rotkiefer-Verlag, Berlin. Gebunden, 74 Seiten, 17,00 €.
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Alexander Groth wurde 1997 in Mecklenburg-Vorpommern geboren, fand über einen Film zum Haiku und vermochte bereits mit seinen ersten Texten zu beeindrucken. Nun hat er ein Buch vorgelegt, keine breite Sammlung, sondern eine besondere Auswahl.
„Die Geschichten, die diesen Haikus zugrunde liegen, erzählen von Schmerz, Trauer, Ausgrenzung, Verlust und dem kleinen Funken Hoffnung, der irgendwo dazwischen umherirrt.“, schreibt er im Vorwort. Das klingt blütenschwarz, wie der Titel, und der Autor versteht es, mich Leser mitzunehmen in fast durchweg dunkle Situationen. Doch diese schwarzen Blumen sind schön, das Lesen ergreift mich immer wieder tief.
Beispielhaft einige der 50 Haiku des Buchs.
Kleiderspende –
vor dem Waschgang noch einmal
seinen Duft aufnehmen
valentinstag –
an ihren spind schreibt jemand
das wort „hure“
nach der entbindung –
das pärchen legt das mobilé
in den karton zurück
an der tankstelle –
der streuner kostet
vom regenbogen
Kriegsbeginn –
in den Augen der Tochter
Großmutters Tränen
straßenkreide –
das flüchtlingskind malt sich
einen freund
Fast alle Kurzgedichte handeln von Lebensmomenten, die gut nachvollziehbar skizziert sind, von universellen menschlichen Erfahrungen, es sind Ausschnitte kleiner Geschichten. Thematisiert wird der soziale Raum, kaum je Natur (auch wenn das Haiku immer noch hier und da fälschlicherweise als Naturgedicht betrachtet wird). Die Sprache ist differenziert, die Worte sind treffend gewählt. Der Autor lässt die Bilder sprechen und enthält sich erfreulicherweise des Kommentars.
„Auch sehr ästhetisch gestaltet“, bemerkt Elisabeth, mit einem schiefen Blick auf mich, dass mir so etwas natürlich wieder entgeht. Sie meint die Blumenbilder (von Petra Klingl), während ich etwas wegen der Gedankenstriche brumme, die mal richtig gesetzt, mal nur auf Bindestrichlänge ausgewachsen sind.
Aber doch, die Blumen sind bemerkenswert, sie sind zwischen die Kapitel des Buchs gesetzt: Rhododendron (Sterben), Akelei (Kindheit), Nachtschatten (Beziehung), Besenheide (Verschiedenes), Kornblume (Krieg und Flucht). Das Titelbild zeigt schwarze Rosen.
„Die Geschichten, die diesen Haikus zugrunde liegen“, lese ich noch einmal im Vorwort. Immer wieder kommentiert Elisabeth, wenn wir die Einsendungen bei Haiku heute zur Veröffentlichung durchgehen: „Das ist eine Geschichte, kein Haiku“. Zu diesem Buch voller Geschichten aber sagt sie „großartig“.
Und das sage ich auch, denn genau das ist es: Da werden eben doch keine Geschichten erzählt, sondern gezeigt wird ein Moment aus der Geschichte, als Haiku, hinter dem dann aber die ganze Geschichte aufscheint. Das bringt Bewegung hinein, und Bewegung ist für eine gute Aufnahme von Texten bei den meisten Lesern zumindest sehr hilfreich.
Es gibt auch andere Haiku-Stile, ohne Geschichten, ohne Bewegung, und es gibt auch außerhalb des Menschen Welten zu entdecken. Doch die Herangehensweise von Alexander Groth bereichert die Vielfalt des Haiku,„Blütenschwarz“ ist nicht nur ein gutes, sondern ein sehr gutes Buch. Ich hoffe, es kann ein Augenblick in einer langen Geschichte sein.