Robert Patrick Martin: Mäuse im Ohr

Buchvorstellung von Volker Friebel

Robert Patrick Martin (2022): Haiku – Mäuse im Ohr. Rediroma-Verlag, Remscheid. 208 Seiten, Papierbuch 18,95 €, ISBN 978-3-98527-612-7, eBuch 9,99 €.

 

Ein Taschenbuch, für Lyrik überraschende 208 Seiten dick. Nach der Einführung stehen meist fünf Haiku je Seite, etwa in der Reihenfolge ihrer Entstehung gesetzt. Einige thematische Kapitel stehen dazwischen, etwa das ungewöhnliche und dem Lebenslauf des Autors zu verdankende Kapitel „Polizeiroutinen“. Im Buch verstreut durch roten Druck hervorgehobene Texte bilden das Kapitel Liebe. Außerdem gibt es Kapitel zu Tanka und zu Tan-Renga. Auch einige Haiga enthält das Buch.

Das sind Texte mitten aus dem Alltag, eines manchmal dramatischen Alltags, oft stehen sie der Notiz näher als ausgearbeiteter Lyrik. Martin verwendet eine realitätsnahe Ästhetik, die Verse sind trotzdem (oder eben deshalb) nicht immer leicht zu verstehen, auch wenn sie überhaupt nicht konstruiert oder verschnörkelt wirken. Es sind Verse ohne Musik, persönlich und oft originell.

Einige Beispiele:

Schlafenszeit
Es klingelt immer lauter
Aus meinem Kopf

Regenzeit
In meinem Herzen
Bleibt es staubtrocken

Gartenarbeit,
Die Schnecke zeigt
Ihr Tiny Haus.

Jahresrückblick
Die neuen Werte machen
Mich melancholisch

Sternenhimmel
Ich verbinde mich mit
Der Steinzeit

Nachtwandeln
Beim Toilettengang Omas
Katze getroffen

Noch springt der Stier
Aber irgendwann, was dann

 

Noch einiges aus dem Kapitel „Polizeiroutinen“:

Pärchen Kontrolle
Im Kinderwagen – in der
Windel was Braunes

Schichtbeginn
Scherze über meinen
Letzten Suizid

Die Feuerwehr spritzt den
Hackepeter weg

Personenschutz   heute Dalai Lama

Frühsport
Sehr anstrengend das Brechen.
Der Leichenstarre

Natürlich lassen solche Verse auch viel Raum für Kritik. Leser mit einer klaren Vorstellung davon, was ein Haiku ist oder sein sollte, werden mit vielen der Texte ihre Schwierigkeit haben. Eine Bereicherung für die Haiku-Welt ist das Buch allemal.

 

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