Schlafwandeln

Haiga von Anne-Dore und Wolfgang Beutke
mit einem Text von Hubertus Thum

Stille ist nicht nur die Abwesenheit von Tönen, nicht allein Pause zwischen den Worten oder in der Musik. Auch ein Blatt hat Stille, eine Blume oder der Kieselstein im Bach. Sie ist in der Reglosigkeit des Maisfeldes vor dem Gewitter und in den Flügen der großen Vögel. Tief verborgen im Gezirp der Insekten hören wir Stille. In Bildern tönt Stille. Jan Vermeers kleine Leinwände bersten vor Stille, obwohl er elf Kinder hatte und viele Sorgen. Drei Äpfel auf dem Teller sind Stille; der Begriff Stillleben trifft den Nagel auf den Kopf. Selbst ihre Farben sind nichts anderes als schweigende Musik.
Hubertus Thum

 

Erstveröffentlichung der Texte im Projekt Sperling Nr. 28 vom 2. August 2007. Mit freundlicher Genehmigung von Hubertus Thum.

 

Ersteinstellung: 15.10.2013