Udo Wenzel
Regen. Schon frühmorgens, als ich auf den Balkon trete. Wutentbrannt, wegen der Kinder. Durchatmen. Zur Bushaltestelle muss ich rennen. Noch bevor die Tür ins Schloss fällt, springt mein Schirm auf in der Hand. Dumpfes Prasseln. Schüler kommen entgegen, hüpfen vergnügt in die Pfützen, spritzen sich gegenseitig nass. Helles Kreischen einer leichteren Welt. An einem Baum hängt nur noch ein Blatt, schmutziggelb, irgendwie mitleiderregend. Ich haste weiter. Die Straße. Das Auto. Scheinwerfer. Hinter abgetönten Scheiben weist der Schatten eines Mannes dem Schatten einer Frau den Weg. Der an- und abschwellende Ton beim Vorüberfahren. Gegenüber die Bushaltestelle: menschenleer. Meine funkgesteuerte Armbanduhr beweist: ich war pünktlich. Er ist weg, schon weg. Seitenwechsel.
Warten am Wartehäuschen. Warten. Allmählich füllt sich die Haltestelle. Manche grüßen, manche grüßen zurück. Schirme werden zugeklappt und ausgeschüttelt. Unterhaltungen: die neue Nachbarin, ob man gesehen habe, wie sie ihre Wäsche aufhänge – ohne Klammern. Nun sei es wieder soweit: ein neuer Computer müsse her, eine neue Generation ist auf dem Markt. Ob der alte Ritter noch durch den Winter komme? Ich denke an meine modrigen Pilze. Das Geräusch des Busses, ehe er ins Blickfeld biegt. Alle treten vor an die Bordsteinkante. Regenwasser schießt die Straße hinab. Der Bus fährt heran und vorbei – durch die Pfütze – ohne zu bremsen. Ein Sprung zurück. Leerfahrt. Kalte Nässe dringt durch die Hose.
Herbsttreiben –
ein Blatt schwimmt
gegen den Strom
Ersteinstellung: 15.09.2007