Heilige Stille

Angelika Wienert

 

Die indische Dichterin Kala Ramesh (Haiku, Tanka, Haibun) lebt mit ihrem Mann in der Stadt Pune (170 km von Mumbai, früher Bombay, entfernt). (Karte)

Als Sängerin klassischer indischer Musik ist Kala Ramesh in Indien bekannt. In Aufsätzen hat sie versucht, Lesern das Besondere dieser Musik zu vermitteln.

Nach der indischen Mythologie wurde alles Seiende aus dem Klang erschaffen, lehrte Gott Shiva die Menschen Musik und Tanz.

Die indische Musik hat ihren Ursprung im Gesang. Im Laufe der Zeit entwickelten sich aber Musikinstrumente, die versuchten, den Klang der menschlichen Stimme nachzuahmen. Während bei  europäischer Musik die Komposition im Vordergrund steht, ist es bei der indischen Musik (insbesondere der hindustanischen Musik, die stark vom persischen Kulturraum beeinflusst ist) die Improvisation. Die indische Tonleiter besteht aus 22 Shrutis (ungleiche Intervalle). Indische Musik legt keinen großen Wert auf Akkorde, dem einzelnen Ton kommt hingegen eine hohe Bedeutung zu. Die  Zeitung „The Hindu“ schreibt über ein Konzert, das Kala Ramesh 2002 gab, dass die Reinheit der Noten ihre Stärke gewesen sei (siehe links unten).

Für Kala Ramesh lebt eine Note für einen Moment, entschwindet dann ins Leere – in die heilige Stille. Zwischen ihrer Musik, ihren Haiku und Tanka sieht sie eine enge Verbindung. In allen drei künstlerischen Ausdrucksformen ist nach ihrem Empfinden eine Resonanz gegeben, die noch lange im Hörer, im Leser nachwirkt,  wenn Töne schon verklungen sind. (Simply Haiku, Autumn 2005)

Poetische Arbeiten der Autorin wurden unter anderem in Bottle Rockets, Simply Haiku, Frogpond, Heron’s Nest, Ribbons, Tinywords, Lynx, der World Haiku Review,  dem WHC-India-Sajiki, bei Contemporary Haibun Online, Mainichi Daily und Asahi Shimbun veröffentlicht.

Für die folgenden Haiku und Tanka hat  Kala Ramesh der Redaktion von Haiku heute die Erlaubnis zur Veröffentlichung der englischen Originaltexte und deren  Übersetzungen (Angelika Wienert in Kooperation mit Dietmar Tauchner) gegeben:

 

cyclonic rains –
branches take the cobwebs
for a swing

(veröffentlicht in Simply Haiku)

sturmregen –
zweige bringen spinnennetze
zum schaukeln

 

strains of the violin
– the old man walks
to his own rythm

(veröffentlicht bei tinywords)

geigenklänge
– der alte mann geht
zum eigenen rhythmus

 

dry heat –
cracks on the wall
run to the earth’s surface

(veröffentlicht in Bottle Rockets)

trockene hitze –
risse auf der wand,
zum erdboden hin

 

dripping mist
pulls the sky
into the valley

(veröffentlicht in Bottle Rockets)

tröpfelnder nebel
zieht den himmel
ins tal

 

a boat ride
through the backwaters
– such simple lives
I realize too late
urban life is a swindler

(veröffentlicht in Ribbons)

eine bootsfahrt
durch stauwasser
– so einfache leben
zu spät erkenne ich
stadtdasein ist schwindel

 

the breath
passing through
the bamboo flute
I listen …
It flows out as music

(veröffentlicht in  Simply Haiku)

atem
durchströmt
die bambusflöte
ich lausche …
musik fließt heraus

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Indische_Musik
http://www.tabla-site.de/ [August 2018 nicht mehr aktiv]
http://www.artindia.net/kala1.html [August 2018 nicht mehr aktiv]
http://www.hindu.com/thehindu/fr/2002/02/01/stories/2002020100970500.htm [Juni 2021 nicht mehr aktiv]
http://www.poetrylives.com/SimplyHaiku/SHv3n3/showcase/kala_ramesh_IndianMusic.html [August 2018 nicht mehr aktiv]

 

Ersteinstellung: 10.03.2006