Volker Friebel
Im Jahre 2004 wurden für die Monatsauswahlen bei Haiku heute 2.987 Verse eingereicht (im Schnitt also 249 pro Monat). Aufgenommen in die zwölf Monatsauswahlen wurden 301 Haiku (im Schnitt 25). Es hat sich gezeigt, dass solche Auswahlen über einen längeren Zeitraum durchhaltbar und interessant sind – wenn auch mit viel Arbeit verbunden.
Die Organisation wird von mir erledigt, die Jury wechselt jeden Monat. Neben der Auswahl selbst und den Favoriten der einzelnen Werter ist die Korrespondenz über die Auswahl besonders interessant. Ich war bisher bei diesen Gesprächsrunden immer dabei, bei der Novemberauswahl versuchsweise nicht – und es hat sich gezeigt, dass das auch nicht nötig ist. Anfangs war ein konstanter Faktor sicher hilfreich, inzwischen stört er eher. Künftig werde ich nur noch gelegentlich „mitmischen“, etwa so häufig wie andere Mitarbeiter.
Immer wieder reichen neue auf die Netzseite aufmerksam gewordene Menschen Haiku ein, fast alle lassen nach einigen Misserfolgen nichts mehr von sich hören. Die Vergleichbarkeit der Monatsauswahlen untereinander und, den bisherigen Ergebnissen nach zu urteilen auch mit denen der Polly-Auswahlen von www.Haiku.de, weist aber darauf hin, dass das kein Problem von Haiku heute ist. Natürlich gibt es bei der Menge zu begutachtender Verse immer wieder Zweifelsfälle und Fehlentscheidungen, wir können aber davon ausgehen, dass die Qualität der Auswahlen recht sicher den Stand der deutschsprachigen Haikudichtung trifft. Auch sind fast alle deutschsprachigen Autoren, die auf englischsprachigen Auswahlseiten zu finden sind, bei Haiku heute vertreten, was gleichfalls darauf hinweist, dass Autoren, die immer wieder Texte nur abgelehnt bekommen, sich damit auseinandersetzen sollten, weshalb ihre Texte andere Menschen nur ungenügend erreichen. (Es gibt hier viele Antworten, die einen Autoren zufrieden stellen können, seine Texte aber nicht verbessern.)
Frustrationstoleranz müssen allerdings alle entwickeln, die Texte einreichen. Auch gut in den Auswahlen vertretene Autoren bekommen die Mehrzahl, meist die große Mehrzahl ihrer Einreichungen abgelehnt. Sich davon nicht beeindrucken zu lassen, das eher als Anreiz zu nehmen, gehört einfach dazu. Nicht was abgelehnt, sondern was angenommen wird, zählt. Wie Neulingen Hilfestellungen gegeben werden können, ist eine ungelöste Frage. Bisher habe ich meistens auf die Werkstattseite von Haiku.de verwiesen, da dort schnelle Rückmeldungen erfolgen können. In Anspruch genommen wurde das selten. Vielleicht finden wir 2005 noch andere Lösungen.
Eingereichte Texte werden von mir den Wertern ohne Autorennamen vorgelegt. Erst bei Texten, die in die Auswahl kommen, werden die Autorennamen ergänzt. Und bei Texten, die im Wertungsbericht oder bei den Favoriten der einzelnen Werter erwähnt werden. Für das Jahrbuch werden die 30% bestbepunkteter Verse herangezogen und neu gesiebt. Ob das dieses Jahr mit oder ohne Autorennamen geschieht, ist noch ungeklärt. Zu allen anderen Texten wird der Autorenname nicht, auch nicht irgendwann nachträglich, weitergegeben, sie verschwinden in der Versenkung.
Die Nennung eines Haiku im Wertungsbericht zeigt, dass es Interesse gefunden hat, die Haiku im Wertungsbericht könnte man durchaus als Teil einer erweiterten Auswahl bezeichnen. Verse, die lediglich verrissen werden (das kommt kaum je vor, da bei der Vielzahl der eingereichten Haiku nur die irgendwie interessanten in der Korrespondenz besprochen werden können), werden nicht veröffentlicht – eine Ausnahme bilden gelegentlich Haiku von Mitarbeitern.
Was hat sich sonst noch getan?
In der Vierteljahresschrift der Deutschen Haiku-Gesellschaft werden ab dem Oktoberheft 2004 die etwa 30 Spitzenhaiku unserer Monatsauswahlen des vorangehenden Vierteljahres gedruckt.
August 2004 erschien: Haiku-heute (Herausgeber): Gepiercte Zungen. Haiku-Jahrbuch 2003. Wolkenpfad-Verlag, Tübingen. Auf der Netzseite Haiku heute veröffentliche Verse und sonstige Beiträge wurden für dieses Buch zwar berücksichtigt – aber auch andere Quellen. Entsprechend wird es mit dem Jahrbuch 2004 sein. Der Anspruch ist, ein Buch mit den besten Haiku des Jahres, und Begleittexten, bereitzustellen, nicht einfach ein Nachdruck der auf der Netzseite schon elektronisch vorhandenen Verse auf Papier.
Im Herbst wurde begonnen, auf der Netzseite zu den Haikuauswahlen auch andere Beiträge zu veröffentlichen. Texte fester Mitarbeiter (das sind die in der „Galerie“ aufgeführten Autoren) sind dazu akzeptiert und werden in der Regel nur korrekturgelesen. Auch Texte anderer Autoren sind grundsätzlich willkommen, werden aber nicht automatisch veröffentlicht, sondern erst geprüft, in der Regel von mehreren Personen. Eingeladen zur Mitarbeit sind also alle.
Erstmals 09.01.2005 auf www.Haiku-heute.de