Wer jetzt kein Haus hat

Horst Ludwig

 

Es ist schon ein besonderes Geschenk, wenn spät im Oktober die Nächte noch einmal so warm sind, daß man ohne dicken Mantel im Mondlicht noch etwas spazieren gehen kann.

Unserm Haus gegenüber liegt der Friedhof einer kleinen Landgemeinde, zwischen der Straße und einem kleinen Ulmenhain, mit einer Bank zufällig vor dem Grab eines Mannes, den ich etwas kannte. Er hatte mir immer aus seiner Apfelplantage Fallobst geschenkt, für meine Kaninchenzucht, die ich damals – wohl auch etwas aus wehmütiger Erinnerung – angefangen hatte. Zu Hause hatte ich dann aber auch oft aus vielen durchaus schönen Äpfeln nur die schadhaften Stellen herausgeschnitten und einige der meist sogar großen Reststücke gleich gegessen und das andere zu Kompott verarbeitet.

Phil wohnte auf seinem Land in einem kleinen Wohnwagen, war aber dabei, sich da ein Haus zu bauen, mit schönem Blick auf das Minnesotatal, ein sechseckiges Haus, das er sich selbst entworfen hatte und an dem er mit einem anderen alten Bekannten zeitweise weiterbaute, wenn das Wetter es erlaubte und er wieder einmal einiges Geld für weiteres Baumaterial zusammen hatte. Aber darüber war er dann eines Herbsttages einfach weggestorben.

Nun doch noch kälter.
Laubschatten zittern manchmal
etwas im Mondlicht.

Normalerweise ist es hierzulande so spät im Jahr schon empfindlich kalt. Aber so wie es jetzt ist – in meinem Alter erlebt man das richtig! –, das ist schon noch etwas Besonderes.

 

Ersteinstellung: 05.01.2006