Nachtnautik

Dietmar Tauchner

 

I

Nachtnautik
Nach Neuland:

Traumbenetzt,
Nicht nutz-
Los
Noch not-
Wendig,

Niemands-
Hörig,
Hin-
Gehend,
Wohin die Köpfe
Der Sonnenblumen
Sich wenden.

 

II

Der Klang
Meiner Schritte
Durch die Schneenacht.

Stille, weiß:
Ich bin
Weder derselbe
Geblieben,
Noch ein anderer
Geworden.

 

III

Nachtgeblendet.

Finsternis-
gewandte Schatten
Steigen aus dem Spiegel

Am Ende des Flurs,
Schleichen ins Mondfeld.

Dort blüht eine Rose,
Rot und ohne Duft, dürre
Erinnerungsdornen tragend.

 

IV

Nachts
Fällt brennender Schnee
Ins Zimmer.

Mein Asche-
Gesicht;

Mein Atem
Geht die blauen Wände des Morgens
Entlang
Zu den Bergen
Im Immer
-Grün.

 

V

Im Traum
Fiel mein Schlüssel-
Bund in den Schnee;

Rote Schatten
Sprießen nun dort.

Ich gehe hin-
Fort.

 

VI

Trunkener Traum.
Gläser, nachgefüllt mit Nacht
Über den Durst
Hin-
Weg.

Ich gehe durch Morgendunst
Auf Perlen aus Tau,
Die meine Mutter weinte
Als ich aus
der Wir-kl-
Ich-keit
Der Wände
Zog.

Sonne,
Das Wende-Licht
Feuert sich
Nüchtern an.

 

VII

Atem-
Züge tönen
Durch die Alp-Nacht;
Gesichts-
Züge fahren
Durch den Tunnel Geschichte
In die Ewigkeit ein.

Niemand steigt aus,
Zu.

 

VIII

Sternestrom
In die Ewigkeit
Durch  diese Nacht
Hitzigen Vergehens.

Leuchtkäfer durchstreifen
Die Netzhaut,
Vorbei an wildem Thymian,
Weiter und weiter
In den Wald
Des Wollens und
Der Lust.

 

IX

Tiefe Nacht,
der Schlafschleier
senkt sich
mit Grillenzirpen.

Ein Traum
steigt umzirpt
zum Gemüts-
Gipfel ab,

am Grat-Weg
der Wirklichkeit.

Frühmorgens
weckt mich
das Lied
eines Vogels,

ruft mich ins Land

ohne Namen.

 

X

Kalte, klare Nacht,
Märzbecher
Voller Sternen-
Licht, Augen-
Blicke, blinkende
Reise-
Signale,
Flüchtig frei:

Der große Wagen
Steht schon bereit.

 

XI

Vom Herbstwind
Raugeriebene Rinden,
Von Regenresten
Schimmernde Holzhaut,

Geschichtsschichten
Im Stammesgesicht
Des Winternachtmenschen,

Der sich gegen nichts
Mehr stemmt.

 

XII

Kein Können mehr,
Alles nichts-
Willig getan …

Das Augenpaar
Todleben,
To-
       ben-
               d,
Löst sich
Vom Vor-
Stellungs-
zirkus …

Geh, komm,
Zwischen Hurenschenkeln
Schläft sich das Heiligste
Wach.

Keinerlei Fertigkeiten,
Nur noch An-
Fänge.

 

XIII

Eines Traums
Kam ich
Über das weite Sonnenblumenfeld
in dein Haus.

Dort schließen wir
Unsere Wunden
Und öffnen
Unsere Wunder.

 

XIV

Fliederduft,
Nachts,
Die Spürspuren
Zu dir.

 

XV

Noch am Leben,
Noch Zeit zu be-
Zeugen.

Blaue Blätter
Am Baum.

 

Ersteinstellung: 15.12.2007