Buchvorstellung von Volker Friebel
Franzen, Walter & Ilse Jacobson (2023): Abstrakte Malerei im Dialog mit Haiku-Gedichten. Selbstverlag Walter Franzen. 75 Seiten.
Eine Buchvorstellung mit Bestellmöglichkeit im Netz:
https://www.kulturvision-aktuell.de/malerei-und-haiku/
Das Buch ist nur über die dortige Adresse des Malers erhältlich.
Ilse Jacobson dichtet Haiku, Walter Franzen malt, sie waren in ihrer Jugend befreundet und sind sich nach 65 Jahren über das Netz wieder begegnet.
Die Werke des Malers sind im Wesentlichen abstrakt, meist freundlich und farbenfroh. Fast immer steht ein Text, meist ein Haiku, auf der linken, ein Bild auf der rechten Seite des Buchs – und es ist erstaunlich, wie die Fantasie beim Gleiten vom Text zum Bild immer wieder eine Gegenständlichkeit assoziiert, die ohne den Text sicher nicht aufscheinen würde. Hat der Maler sich von den Versen der Dichterin zu Bildern anregen lassen? Oder hat er zu vorhandenen Bildern die Verse ausgesucht? Wir erfahren es nicht. Die Kombinationen passen aber zu gut für eine Zufallszusammenstellung, verblüffen manchmal geradezu.
Die Verse von Ilse Jacobson stammen auch aus einer anderen Gemeinschaftsarbeit, ihrem gleichfalls ausgezeichneten Buch „ausgesetzt dem Wind“ mit Claus Hansson. Einige Texte von Ilse Jacobson möchte ich hervorheben – und damit neugierig auf die Antwort des Malers machen.
Wangenkuss
für eine Sekunde
Schwindel
aufbrechende Erde und ich schlief …
bevor ich ihn sah
zog er mich an
wilder Flieder
Trompetensolo
im Domgewölbe zittern die Himmel
Spät im Herbst
aufgeblättert die Geheimnisse
alter Wälder
als hätte ich sie nie gehört –
Gesänge der Frühe
Wandlung
mich wiederfinden als Birke
Es tut gut, in diesem Buch zu blättern, da ließe sich noch viel mehr zitieren, froh im Zimmer, während vor dem Fenster der Regen fällt.
Bücher mit mehreren Autoren machen mich eigentlich vorsichtig. Eine solch gelungene Kombination, lebendig, bunt, nicht geschwätzig, aber auch nicht stumm, dürfte sehr selten sein.