Auswahl der Dezember 2006 bis Februar 2007 eingegangenen Haiku
Essay
Kigo und Jahreszeitenbezug. Interkulturelle Fragen im anglo-amerikanischen Haiku. Richard Gilbert
Im Gespräch
Der Geist der Freiheit. Aspekte des zeitgenössischen Haiku. Richard Gilbert im Gespräch mit Udo Wenzel English version
Sequenz
Am Cap Formentor. Andrea D’Alessandro und Hans Lesener
Haiku-Prosa
Fastelovend. Angelika Wienert
Am Kopfende. Gerd Börner
Camera obscura. Gerd Börner
Aschermittwoch. Peter Janßen
Besprechung
Haiku in der deutschsprachigen Lyrik. Andreas Wittbrodt: Hototogisu ist keine Nachtigall. Buchbesprechung von Volker Friebel
Dezember 2006 bis Februar 2007 gingen 276 Texte ein, nach einigen Zurücknahmen blieben 271 Texte als Grundlage für die Winter-Auswahl 2006/2007. Eine Jury hat 31 davon ausgesucht. Hier sind sie, alphabetisch geordnet.
Auf dem Gipfel
einen Atemzug lang
den Wind verstehen
Andrea D’Alessandro
auf dem Weg
vom Grab
nur die Schritte
Gerd Börner
auf der Herdplatte
ein kurzer Tanz
der Wasserkugeln
Gerd Börner
Berggipfel
ein Vogel antwortet
dem Wind
Dietmar Tauchner
Bootsausflug –
bis zur Seemitte
fährt die Krähe mit
Andrea D’Alessandro
Den Rücken zum Fenster_
wieder die Schreie
der Wildgänse
Ramona Linke
Diagnose Krebs –
auf den Hügeln
liegt Schnee
Udo Wenzel
Die erste Tulpe –
meine Frau färbt ihr Haar
rot
Rudi Pfaller
ein Fußball rollt
vor meine Füße –
die Augen der Jungs
Gerd Börner
Einladung zum Tee …
Und wieder holt sie das Foto
von der Kredenz
Ramona Linke
Heimkehr.
Im Haus wohnt nur noch
eine Grille
Andrea D’Alessandro
im Sommer ging ich hier
durch wogendes Gelb
Michael Denhoff
in Töpfchen gepflanzt
das gejätete Unkraut
Andrea D’Alessandro
Jahreswechsel –
nach dem Feuerwerk
die alten Sternbilder
Rudi Pfaller
Kirschblüten!
Auch dieses Wort
hat Oma jetzt verloren
Andrea D’Alessandro
Krank im Bett
die abgelegten Kleider
im Mondschein
Dietmar Tauchner
Lichter der Vorstadt –
so weiß die Birken
morgens am Ufer
Jean-Claude Lin
Milder Januar
Die Dachrinne spuckt
Das Quäntchen Winter aus
Valeria Barouch
Montags im Büro –
In der Tasche find ich noch
Vom Töchterlein: Laub.
Martin Speier
Morgensonne
Blatt für Blatt weiter
trägt sie der Wind
Gerd Börner
nach dem sturm –
wir lehnen uns
in die stille
Ramona Linke
Neujahrsmorgen –
die alte Stalllaterne
im Wind
Ramona Linke
Raketen krachen,
Tauben flüchten
ins neue Jahr
Rudi Pfaller
Regentag …
Doch die Amsel
singt und singt
Andrea D’Alessandro
Telefonseelsorge –
ein Anrufer schweigt
beharrlich.
Roswitha Erler
unendlich blau
ihr abwesender Blick
Michael Denhoff
Winterabend
die Fliege in meinem Glas
erforscht die Leere
Dietmar Tauchner
Wintermorgen …
die Wärme
rauer Hände
Ramona Linke
wintermorgen –
ein wolkenloch
wandert mit mir
Rudi Pfaller
Winternacht –
kein Mensch hinter der Glasfront
wo Licht ist
Rudi Pfaller
Wolkennacht
jemand kocht
einen Löffel auf
Gerd Börner
Vom 1. Dezember 2006 bis zum 28. Februar 2007 gingen bei Haiku heute 276 Texte ein, nach einigen Zurücknahmen und Verschiebungen von Werter-Haiku blieben 271 davon als Grundlage für die Winter-Auswahl 2006/2007. Diese wurden ohne Autorennamen an eine Jury geschickt, bestehend aus Andreas Marquardt, Helga Stania, Norbert Stein und Angelika Wienert. Die Werter, und Volker Friebel, der, ohne Stimmrecht, für die Organisation zuständig war, hatten selbst keine Haiku in der Liste. In einer ersten Auswahl vergab jeder dieser Vier allen Haiku, die er für auswahlwürdig hielt, einen Punkt. Daraus wurde eine Rangfolge errechnet und die Haiku danach geordnet an die Jury zurückgeschickt. Einige Tage lang wurde diese Liste besprochen, dann erfolgte eine zweite Wertung, diesmal differenzierter, mit 1 bis 3 Punkten für jedes Haiku. Aus der durchschnittlichen Punktezahl ergab sich eine zweite Rangliste. Diese wurde der Redaktion vorgelegt, die zusammen mit der Jury entschied, die ersten 31 Haiku (auf Platz 30 fanden sich punktgleich zwei Texte) als Vierteljahresauswahl zu veröffentlichen.